Coronakrise: Vor die Welle kommen - Ein ermutigender Impuls aus dem Sport
Auf der längsten Welle Nordafrikas. Vom „Determined Moment“ übers „Dynamische Stabilisieren“ zum Sicheren Ufer.
Als früherer Expeditionssportler im Kajak, Co-Trainer des Nationalteams und selbst WM-Teilnehmer bin ich Krisen gewohnt. Selbstgewählte Krisen - nichts anderes sind Expeditionen - waren jahrelang das Salz in der Lebenssuppe. Manchmal überrollt einen aber die Welle und man hat sich das nicht selbst ausgesucht. So geht es mir heute manchmal als SUP-Wellenreiter, wohin ich nach meiner aktiven Wildwasserkarriere meinen sportlichen Ehrgeiz verlagert habe. Als Wellenreiter kennt man das Phänomen aufeinanderfolgender Wellen, aus denen man sich nicht befreien kann.
Hat einen ein Wellenmonster kalt erwischt, rappelt man sich wieder hoch. Kaum steht man wieder, hat die Situation wieder halbwegs im Griff, will wieder Fahrt aufnehmen, kommt die nächste Welle und wieder ringt man um Luft und Kontrolle. Ähnlich wie im Meer, wo wir den Elementen ausgeliefert sind und als Mensch klein und schwach, stehen uns in den nächsten Monaten Corona-Wellen bevor. Der Pandemie- und Klimalogik folgend, aber im Prinzip unberechenbar. Wichtig dabei ist, vor die Welle zu kommen. Im Rahmen seiner Möglichkeiten Fahrt aufzunehmen. Kraftvoll, ohne Hektik die richtigen Impulse setzen.
Damit hält man auch einen Wellenbruch aus: nur noch einen brüllenden Schaumberg hinter sich und unsortierte Strömung vor sich. Wenn man aber inzwischen stabil steht, erreicht man das sichere Ufer. So wie mir das 2019 auf der längsten Welle Nordafrikas an der marokkanischen Küste gelungen ist.
Die Bildcollage des 1,1 km langen Ritts zeigt die verschiedenen Phasen.
Bild 1: „Herausforderung konkretisieren“. Schau Dir die Situation von allen Seiten an.
Bild 2: „Determined Moment“. Ein absoluter Schlüsselbegriff im Spitzensport. „Jetzt gilt’s!“ Den richtigen Augenblick erkennen und kraftvoll beschleunigen.
Bild 3: „Momentum nutzen“. Wenn’s läuft, dann läuft’s“ sagt ein salopper Spruch. Was aber spielerisch aussieht, hat damit zu tun, Chancen und Risiken zu erkennen und günstige Strömungen für sich zu nutzen.
Bild 4: „Dynamisch stabilisieren“. Voraussetzung ist eine „entspannte Anspannung“. Fest und doch weich, um auf alles Unerwartete zu reagieren.
Bild 5: „Disruption aushalten.“ Wenn es hinter einem tosend zusammenbricht, dann nicht beeindrucken lassen, sondern Blick weiter nach vorn.
Bild 6: „Sicheres Ufer erreichen.“ Und erfolgreiche Challenge feiern. In krisenhaften Situationen die eigene Kompetenz stärken.
Lassen Sie sich von den Corona-Wellen nicht entmutigen. Nutzen Sie die Vorwärtsströmungen, die die Welle Ihnen bietet. Ein Satz im Kopf hilft mir, wenn ich zwischen Wellenbergen festhänge und es eher Richtung Open Ocean als Richtung Ufer geht:
Irgendwas geht immer.