Thinking out of the Box | Live-Coronabericht aus Portugal
Deutsche Medienberichte zur Corona Situation im Ausland und die offiziellen Verlautbarungen des Auswärtigen Amtes lesen sich stets dramatisch. Doch wie ist es wirklich, wenn man tatsächlich dort ist?
𝘗𝘦𝘵𝘦𝘳 𝘛𝘶̈𝘮𝘮𝘦𝘳𝘴 𝘷𝘰𝘯 𝘚𝘤𝘩𝘰𝘦𝘯𝘦𝘣𝘦𝘤𝘬, 𝘚𝘰𝘻𝘪𝘰𝘭𝘰𝘨𝘦 𝘶𝘯𝘥 𝘚𝘦𝘯𝘪𝘰𝘳 𝘊𝘰𝘯𝘴𝘶𝘭𝘵𝘢𝘯𝘵 𝘣𝘦𝘪 𝘐𝘊𝘖 𝘖𝘣𝘦𝘳𝘴𝘵𝘥𝘰𝘳f, 𝘸𝘢𝘳 𝘨𝘦𝘳𝘢𝘥𝘦 𝘪𝘯 𝘗𝘰𝘳𝘵𝘶𝘨𝘢𝘭 𝘶𝘯𝘥 𝘴𝘤𝘩𝘪𝘭𝘥𝘦𝘳𝘵 𝘴𝘦𝘪𝘯𝘦 𝘌𝘪𝘯𝘥𝘳𝘶̈𝘤𝘬𝘦 𝘢𝘶𝘴 𝘦𝘳𝘴𝘵𝘦𝘳 𝘏𝘢𝘯𝘥.
Letzten Samstag Weihnachtsmarkt in Lissabon. Auf den belebten Straßen, in Cafés und Restaurants herrscht das übliche Treiben und typisch portugiesische Gelassenheit, Museen sind geöffnet.
Der Unterschied zu sonst: die Maske wird in geschlossenen Räumen und im ÖPNV konsequent getragen, Abstände werden durch Absperrungen eingehalten. Der testhalbe Versuch, ohne Maske in die historische Trambahn zu steigen, führt zur sofortigen Ermahnung der Schaffnerin und bösen Blicken der Mitreisenden.
Die Menschen hier nehmen Covid ernst und passen aufeinander auf. Aller Orten Aufkleber mit Hinweisen und Erklärungen, Desinfektionsmittel überall greifbar. Auch an den Stränden um Lissabon, wo Surfer um die Wellen kämpfen, in den belebten Strandbars und beim Fussballspiel am Strand herrscht normales Treiben. Nur eben mit Maske, sobald man sich in geschlossenen Räumen bewegt oder auf einer Caféterrasse. Etwa ¾ tragen auch auf der Straße eine Maske. In Geschäftseingängen kleben Hinweise auf maximal Betretungszahl. Die Leute passen auf und zählen selbst mit. Wir haben den Test gemacht: die Zahlen erscheinen angemessen, Warteschlangen entstehen kaum.
Das öffentliche und berufliche Leben in Portugal zwischen Lissabon und Faro verläuft weitgehend normal. Lediglich am Wochenende herrscht ab 13:00 Uhr öffentliche Ruhe. Dann sind nur noch dringende Einkäufe, Individualsport und Gassi gehen mit dem Hund erlaubt. Die Menschen sind angehalten, ohne beruflichen Grund ihren Landkreis nicht zu verlassen. Von 23.00 bis 5.00 herrscht täglich Ausgangssperre.
Die Inzidenzzahlen liegen in Portugal bei 311 im Vergleich zu Deutschland mit 156 Fällen pro 100.000 Einwohner*innen in den letzten 7 Tagen (JHU). Die Todesfälle in Portugal liegen gesamt bei 4.577 zu 17.177 in Deutschland. Die Letalitätsrate liegt in Portugal bei 1,52 %, in Deutschland bei 1,57 %. Während bei uns in Deutschland Sportverbot herrscht, Gastronomie geschlossen ist und Polizei private Anlässe mit mehr als 10 Leuten sprengt und die Stimmung zu kippen droht, wirken die Menschen zwischen Lissabon und Faro besonnen, aber nicht verängstigt oder genervt.
Der Kulturschock ereilt uns auf dem Rückflug. Während wir im Lissabon Airport im Café mit ausreichend Sicherheitsabstand, Handdesinfektion und Trennlinien zwischen den Tischen unseren zweiten Kaffee genießen können, erwartet uns in Deutschland der befürchtete soziale Temperatursturz. Auch hier bekommen wir nach der Landung einen Latte Macchiato. Sämtliche Sitzgelegenheiten sind jedoch hermetisch abgesperrt und so setzen wir uns mit unserem Getränk und Sandwich auf den kalten Boden der Ankunftshalle. Schnupfen statt Corona.
Es bleibt die wohltuende Erfahrung: Besonnenes Verhalten und ein alltägliches Miteinander sind vereinbar.